12. Mai 2020
Wir sagen nein!
Situation der Pflegeeinrichtungen in der Corona-Krise
Interview zum Tag der Pflege mit der Betriebsratvorsitzende der Gaggenauer Altenhilfe Sonja Möhrmann und Gerd Modlich, Berater von Sozialunternehmen und Initiator des ThinkTank DENKwirkstatt
Von Petra Stalbus / freie Journalistin
Das Pflegebündnis Mittelbaden hat zum Tag der Pflege eine Anzeige geschaltet mit dem Ausruf „Wir sagen nein!“ Sie beide waren bei der Entwicklung der Anzeige beteiligt. Worum geht es Ihnen?
Sonja Möhrmann
„Die Pflege hat lange genug stillgehalten. Während andere Berufsstände im Streik waren und Forderungen durchgesetzt haben, sind wir an den Pflegebetten geblieben, weil wir ja unsere Schützlinge nicht alleine lassen können. Doch jetzt erheben wir unsere die Stimme und finden neue Wege des Widerstands. Und wir werden nicht mehr schweigen, bis sich etwas in der Pflege ändert.“
Was genau bringt Sie denn so auf?
Sonja Möhrmann
Die Pflege ist selbst zu einem Pflegefall geworden. Nur noch wenige wollen den Beruf ergreifen. Das ist auch kein Wunder bei Berichten von Altenpflegern, die im Rennschritt von Zimmer zu Zimmer laufen und ausgebrannt sind, weil sie keine Zeit mehr haben, um das zu tun, weshalb sie den Beruf einst ergriffen haben: liebevoll für hilfsbedürftige Menschen da sein. Die Politik hat uns schon so viel versprochen. Doch die allermeisten Pläne funktionieren nur auf dem Papier und nicht in der Realität, wie beispielsweise, qualifizierte Pfleger aus dem Ausland nach Deutschland zu bringen. Oder kürzlich der Vorschlag der Pflegekommission von 5 Tagen mehr Urlaub. Das wäre ja wunderbar, aber das ist fernab jeglicher Realität! Es gibt einfach zu wenig Pflegerinnen und Pfleger und das bei immer mehr alten Menschen mit hohem Betreuungsbedarf. Die Wertschätzung ist einfach nicht da, die diesem Beruf gebührt und ihn attraktiver machen würde.