10. Oktober 2024
Pressemitteilung zum Pflegekompetenzgesetz

Chance für die Zukunft der Profession Pflege – mit Luft nach oben
Das Pflegebündnis Mittelbaden begrüßt den Referentenentwurf, fordert aber eindringlich, die Befugnisse und Kompetenzen der Profession Pflege zu erweitern und die Berufsgruppe noch stärker einzubinden: „Wir, die Profession Pflege, brauchen echte Partizipation im Gesundheitssystem!“
Nachdem im Dezember 2023 Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Eckpunkte für ein Pflegekompetenzgesetz vorgestellt hat, waren die Erwartungen groß. Nun liegt der Referentenentwurf vor. „Die Bemühungen des Ministers sind redlich und wir begrüßen es prinzipiell, dass er der Profession Pflege mehr zutraut und daher ihre Kompetenzen erweitern will. Dieser Entwurf bleibt jedoch leider am Ende hinter unseren Erwartungen zurück, auch wenn er ein erster Aufschlag und damit ein wichtiges Signal an die Profession ist“, erklärt der Vorsitzende des Pflegebündnisses Mittelbaden Peter Koch. „Ein eigenes Leistungsrecht für Pflegefachpersonen muss nun folgen“, fordert Koch. Zudem müssten Leistungen der Behandlungspflege nach SGB V, die in Langzeitpflegeeinrichtungen erbracht werden, separat vergütet werden – wie 1995 schon bei der Einführung der Pflegeversicherung angedacht, aber nie zum Tragen gekommen. Ebenfalls macht Koch darauf aufmerksam, dass neben den derzeit aufgeführten primärqualifizierten auch akademisch qualifizierte Pflegefachpersonen in Langzeitpflegeeinrichtungen verhandelbar sein müssen.
Es braucht eine Selbstverwaltung
Auch wenn die Profession bei der Ausarbeitung des Entwurfs beteiligt wurde und einige Vorschläge aufgenommen wurden, sieht das Pflegebündnis mit Sorge, dass die berufliche Vertretung in dem Entwurf wieder nicht geregelt wird. „Der Minister setzt weiter auf `maßgebliche Pfegeorganisationen´, die ehrenamtlich tätig sind. Eine angemessene berufsständische Vertretung ist im Ehrenamt jedoch nicht möglich. Auch braucht es einen festen Ansprechpartner“, weiß Koch aus eigener Erfahrung. Das wäre die Chance gewesen, Farbe zu bekennen und eine berufliche Selbstverwaltung auf Bundesebene zu installieren, indem klar Kriterien für diese formuliert werden. „Diese Chance hat man wieder einmal verpasst. Wir hoffen sehr, dass an dieser – und anderen – Stellen der Entwurf unter Beteiligung der Profession noch angepasst wird.“
„Ein dauerhaft angesiedelter Pflegebeauftragter in der Bundesregierung ist zwar okay. Aber auch hier ist der Minister nicht der Forderung der Berufsgruppe nach einer Chief Government Nurse nachgekommen“, bemängelt Koch einen weiteren Aspekt, bei dem sich die Pflege mehr versprochen hatte. Dieses Amt müsse unabhängig von Legislaturperioden und Parteien besetzt werden.
Stärkung der Profession Pflege im GBA
Koch fordert zudem: „Die Profession Pflege braucht endlich ein Antrags- und Stimmrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA).“ Nur so könne man gemeinsam die Versorgung der Bevölkerung zukunftssicher anpassen und aufstellen. Die demografische Entwicklung mit den damit verbundenen Herausforderungen auch an die pflegerische Versorgung der Bevölkerung erfordere diese Einbindung. „Künftige Entscheidungen auf diesem Gebiet können nicht mehr ausschließlich von Ärzten und Kostenträgern bestimmt werden. Die Pflege muss hier als eigene Profession gleichwertig einbezogen werden und aktiv die Möglichkeit haben, an der Ausgestaltung mitzuwirken“, appelliert Koch an die Bundespolitik. „Wir haben die Kompetenzen dazu. Die Politik soll diese auch endlich einbeziehen!“ Das Pflegebündnis Mittelbaden ist sich sicher: Die Herausforderungen und Probleme in der öffentlichen Gesundheitsversorgung können künftig nur multiprofessionell gelöst werden. „Im Gesetzentwurf wird immer noch zu stark in Sektorengrenzen gedacht“, mahnt Koch an.
Ausgestaltung heilberuflicher Tätigkeiten
Zwar sollen Pflegefachpersonen künftig erweiterte heilkundliche Befugnisse erhalten als bisher. „Diese Erweiterung war mehr als überfällig. Die Befugnisse sollen aber wieder in Modellvorhaben getestet werden. Das ist nicht zielführend und muss dringend geändert werden“, befürchtet Koch. Hier gehe das Gesetz nicht weit genug – genauso wie bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit. „Wer, wenn nicht die Professin Pflege, ist in der Lage, bestmöglich die Bedarfe der Patientinnen und Patienten einzuordnen und zu ermitteln?“
Dennoch erkennt das Pflegebündnis an, dass die Profession bei der Entwicklung eines Aufgabenkataloges für heilkundliche Leistungen künftig einbezogen werde. „Dies ist richtig und wichtig“, merkt Koch an. Kritik äußert er aber zum einen am Umfang der heilkundlichen Aufgaben, der sich an international anerkannten Aufgaben orientieren und noch weiter gefasst werden sollte, zum anderen an der Art und Weise, wie die Profession einbezogen wird: nur beratend.
Trotz aller Kritik sieht das Pflegebündnis Mittelbaden das Gesetz als Chance, den Pflegeberuf in Deutschland attraktiv und zukunftsfähig zu machen und den Pflegeberuf insgesamt aufzuwerten. „Die Verbände haben ihre Stellungnahmen nun eingereicht. Wir hoffen, der Minister nimmt diese ernst und bleibt mit der Profession im Gespräch“, appelliert Koch an Lauterbach.