14.04.2025
PM Koalitionsvertrag: Es ist fünf nach zwölf

Im Koalitionsvertrag versprechen Union und SPD tiefgreifende strukturelle Reformen. Wichtige Fragen – gerade zur Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme und der Einbindung der Pflege – bleiben jedoch offen. Insgesamt ist der Vertrag ein guter Schritt, dem jetzt weitere Taten folgen müssen.
„Generell begrüßt das Pflegebündnis Mittelbaden die Signale, die im Koalitionsvertrag gesetzt wurden. Gerade bei der Finanzierung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ist der Handlungsdruck jedoch enorm und der Vertrag bietet keine konkreten Lösungsansätze. Wir befürchten, dass Experten-Kommissionen hier nicht ausreichend sind. Es ist fünf nach zwölf, wir haben keine Zeit mehr“, erklärt Peter Koch, Vorsitzender des Pflegebündnisses Mittelbaden e.V.
Laut Koalitionsvertrag soll eine Expertengruppe bis 2027 Vorschläge für eine Reform vorlegen. „Die Profession der Pflege ist hier wieder einmal außen vor. Wir haben die Fachexpertise und müssen bei solchen grundlegenden Weichenstellungen eingebunden werden“, fordert Koch weiter.
Mit Sorge blickt Koch auch auf die verwässerten Sätze im Koalitionsvertrag bezüglich der strukturellen Anpassungen. „Von den ursprünglichen konkreten Vorschlägen zur finanziellen Entlastung der Sozialsysteme ist so gut wie nichts mehr im Koalitionsvertrag übrig geblieben“, kritisiert er.
„Im Vergleich zum letzten Koalitionsvertrag ist ebenfalls nichts mehr vom elektronischen Gesundheitsberuferegister und der weiteren finanziellen Unterstützung des Deutschen Pflegerates zu lesen. Sollte hier gespart werden, wirft das die Pflegeprofession wieder um Jahre zurück“, mahnt der Pflegemanager mit Blick nach Berlin.
Zudem befürchtet Koch, dass sich die Verabschiedung der wichtigen Pflege-Gesetze weiter in die Länge zieht. Im Vergleich zum AG-Papier wurde die zeitliche Frist im Koalitionsvertrag nicht aufgenommen. „Es ist nicht mehr die Rede davon, dass binnen 100 Tagen die Pflege-Gesetze verabschiedet werden sollen. Wir haben durch die Diskontinuität schon viel Zeit verloren. Die Gesetze, allem voran das Pflegekompetenzgesetz, sind überfällig. Wir brauchen diese Gesetze jetzt!“
Mit Blick nach Berlin fordert Koch weiter: „Wir können dem oder der neuen Gesundheitsminister/in nur raten, den Blick auf die professionelle Pflege zu richten und unser Potenzial sowie unsere Kompetenzen zu nutzen. Es ist gut, dass die Politik das Stimmrecht der Pflege im Gemeinsamen Bundesausschuss festgeschrieben hat. Wir brauchen jedoch eine Einbindung ins Gesundheitssystem auf Augenhöhe und einen direkten Ansprechpartner im Bundeskanzleramt in Form einer Chief Government Nurse oder eines Staatsministeriums für Pflege.“ Sparmaßnahmen dürften auf keinen Fall im Bereich Pflege angesetzt werden. Die gesellschaftlichen Herausforderungen seien hier zu groß und man habe lange genug nicht gehandelt. Eine große Pflegereform, wie angekündigt, sei daher dringend geboten. „Es wird derzeit gemunkelt, dass das Amt der Pflegebevollmächtigten dem Rotstift zum Opfer fallen könnte. Das wäre fatal und wir würden in den Strukturen wieder hinter das Jahr 2014 zurückfallen, statt diese zu stärken und weiter aufzubauen“, erklärt der Vorsitzende des Pflegebündnisses. Der oder die neue Gesundheitsminister/in tue gut daran, die Pflege endlich als eigenständige Profession wahrzunehmen und ihr einen Platz im Gesundheitssystem einzuräumen. „Das stärkt die Attraktivität des Berufes, genauso wie eigenständige Heilkundeausübung und mehr Kompetenzen“, ist sich Koch sicher.