14.11.2024
Pressemitteilung zur Anwerbung ausländischer Pflegefachpersonen. Ein Beispiel aus Gaggenau.
Der Vorsitzende des Pflegebündnisses Mittelbaden, Peter Koch, erklärt anlässlich jüngster Bemühungen um Fachkräfte aus dem Ausland, woran das Gesundheitssystem krankt:
„Überall lesen wir Lippenbekenntnisse von Politikern zum Thema Anwerbung ausländischer Pflegefachpersonen. Hubertus Heil sieht jetzt in Indien die Lösung für unsere innerdeutschen Probleme im Gesundheitssektor. Vor zwei Jahren warb Heil noch in Brasilien um Pflegekräfte. Ja, wir brauchen Zuwanderung aus dem Ausland, um den gesellschaftlichen Herausforderungen Herr zu werden. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass die Politik es hierzulande die vergangenen Jahre versäumt hat, die Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass die Pflegefachpersonen aus Deutschland im Beruf verweilen wollen.
Es ist erschreckend, dass unsere Regierung – allen voran Bundeskanzler Olaf Scholz – das marode Gesundheitssystem für nicht so wichtig einstuft, um die bereits in der Pipeline befindlichen Gesetze zur Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen – besonders das Pflegekompetenzgesetz – noch vor den Neuwahlen voranzutreiben.
In diesem Zusammenhang ist es eine Farce, dass Politiker jedweder Couleur in aller Herrenländer fliegen und versuchen, medienwirksam Menschen für die Pflege in Deutschland anzuwerben. Wohlgemerkt Pflegefachpersonen, die in der Regel in ihrem Herkunftsland zum größten Teil akademische Abschlüsse haben und viel mehr dürfen. Warum sollten diese nach Deutschland kommen, wo sie degradiert und in ihren erlernten Kompetenzen drastisch beschnitten werden? Machen sie sich doch auf den Weg, werden sie und ihre neuen Arbeitgeber hierzulande weiter gegängelt, weil die Bürokratie eine Anerkennung lediglich im Schneckentempo erlaubt. Da braucht es keine rechten Tendenzen, um Deutschland für ausländische Fachkräfte unbeliebt zu machen. Das ist nur ein weiterer Tropfen auf den heißen Stein.
Ich erlaube mir hier ein Beispiel aus meiner aktuellen betrieblichen Praxis zu schildern, um deutlich zu machen, woran es krankt:
Wir haben im Sommer in der Altenpflegeeinrichtung, die ich als Geschäftsführer betreue, mit einem engagierten Marokkaner einen Ausbildungsvertrag zum 01.10.2024 geschlossen. Alle notwendigen Unterlagen, wie Sprachzertifikate, übersetzte und beglaubigte Zeugnisse etc., lagen vor. Der junge Mann hatte sich sogar schon selbstständig um eine eigene Wohnung gekümmert. Von unserer Seite wurde ihm eine ehrenamtlicher Integrationsbegleiter an die Seite gestellt.
Die Zusammenarbeit mit der örtlichen Ausländerbehörde und der Arbeitsagentur hat – trotz Überlastung – gut geklappt. Wir haben uns auf die Anwendung eines beschleunigten Verfahrens verständigt. Die Vorabzustimmung der Ausländerbehörde lag uns Ende September vor, genauso wie die finale Zustimmung am 05.10.2024. Der Bewerber hatte am 09.10.2024 einen Termin auf der Botschaft in Rabat, wo ihm jedoch – trotz Erfüllung aller formaler Bestimmungen – kein Visum ausgestellt wurde. Auf nochmalige Nachfrage der Botschaft, ob die Ausbildung auch verspätet beginnen könne, haben wir mit ja geantwortet. Bis heute haben wir – trotz mehrfacher Rückfragen unsererseits – keine Rückmeldung von der Botschaft. Es ist jetzt Mitte November! Zur Erinnerung: Die Ausbildung sollte am 01.10.2024 beginnen.
Was bei allen Beteiligten nach diesem Engagement bleibt, ist Frust, Enttäuschung und Wut auf das System, das offensichtlich keine gute Versorgung von kranken und hilfebedürftigen Menschen wünscht und alles daran setzt, auch die letzten noch motivierten Pflegefachpersonen im System zu verlieren.“